Gestorben wird immer

Gestorben wird immer

mehr als 820 000 Menschen sind im vergangenen Jahr in Deutschland verstorben. Und die sogenannte Sterberate wird wegen der Überalterung der Gesellschaft bis zum Jahr 2050 kontinuierlich weitersteigen, prognostiziert das Statistische Bundesamt.

Damit wächst auch die Nachfrage nach Bestattern, einem Berufsstand, dessen Arbeit ebenso notwendig wie tabubesetzt ist. Denn viele Menschen scheuen die Beschäftigung mit dem Tod, bis sie durch das Ableben eines nahen Angehörigen unmittelbar damit konfrontiert werden.

Mit jedem Trauerfall sind viele organisatorische und rechtliche Schritte verbunden, die die Hinterbliebenen allein zumeist nicht bewältigen können: Das beginnt mit der Auswahl eines Grabes und dem Organisieren der Trauerfeier, und endet nicht bei Abrechnungen mit der Krankenkasse oder der Meldung der Anschrift des Verstorbenen an die "Robinson-Liste", mit der unaufgeforderte Werbesendungen untersagt werden.

Die Vielzahl von Tätigkeiten, die in wenigen Tagen und Wochen erledigt werden müssen, skizziert zugleich das gestiegene Anforderungsprofil des Bestatters. "Der Beruf hat sich zu einer ungewöhnlich breit angelegten Dienstleistung entwickelt", sagt Rolf Lichtner, Generalsekretär des Bundesverbandes deutscher Bestatter (BDB). In den nächsten Jahren würden deshalb auch nur die Unternehmen am Markt reüssieren, die die volle Dienstleistungsbreite anbieten können.

Die gestiegenen Anforderungen an den Bestatterberuf werden durch den bisher ungeregelten Zugang in die Branche konterkariert. Nach wie vor kann jeder Interessierte durch eine einfache Gewerbeanmeldung Bestatter werden. Bis 2003 gab es zudem nur eine berufsbegleitende Weiterbildung, auf freiwilliger Basis.

Jahrelang hatte sich der BDB für die Einführung einer bundeseinheitlich geregelten Ausbildung eingesetzt. Und seit zwei Jahren gibt es sie nun: Nach einer dreijährigen Lehre kann der gesetzlich anerkannte Abschluß als Bestattungsfachkraft erlangt werden.

Die Ausbildung ist über die Handwerkskammern dual organisiert, das heißt neben der Arbeit im Betrieb findet regelmäßig Unterricht in der Berufsschule statt. In den ersten Ausbildungsjahrgängen finden sich überraschend auch viele ältere Teilnehmer, zum Teil Berufswechsler um die Fünfzig. "Die Arbeit als Bestatter erfordert viel Fingerspitzengefühl. Die Hinterbliebenen erwarten einen sensiblen und kompetenten Ratgeber und Gesprächspartner. Da kann Lebenserfahrung durchaus hilfreich sein", sagt BDB-Generalsekretär Lichtner. Die neue Ausbildung wende sich gleichwohl zuerst an Schulabgänger.

Rund 3800 Bestattungsunternehmen gibt es in Deutschland, die meisten werden schon seit Generationen als Familienbetriebe geführt. Die durchschnittliche Mitarbeiterzahl liegt bei fünf bis sieben. Insgesamt verdienen damit gut 22 000 Menschen als Bestatter ihren Lebensunterhalt. Aber nur 2000 von ihnen haben bisher den freiwilligen Abschluß des geprüften Bestatters oder Bestattermeisters gemacht. Die neue Ausbildungsmöglichkeit werde das Verhältnis in den nächsten Jahren und Jahrzehnten jedoch umkehren, hofft Lichtner.

Um die Ausbildung zu optimieren, hat der BDB im unterfränkischen Münnerstadt ein neues Bildungszentrum bauen lassen, das im Februar dieses Jahres eröffnet wurde. Dort werden künftig zwischen 200 und 300 Lehrlinge pro Jahr erwartet, die an ein- bis zweiwöchigen Schulungsmaßnahmen teilnehmen. Darüber hinaus werden Fortbildungen zum Bestattermeister sowie zum Kremationstechniker angeboten.

Die jungen Bestatter lernen in Münnerstadt, wie man eine Trauerhalle mit Blumen dekoriert. Zum Beispiel, wo der Kranz der Ehefrau plaziert wird und wo der einer eventuellen Geliebten. Außerdem werden die künftigen Bestattungsfachkräfte in Trauerpsychologie unterrichtet. In Rollenspielen lernen sie, wie man erste Gespräche mit Hinterbliebenen führt und wie Behörden formvollendet unterrichtet werden.

Auf dem 5000 Quadratmeter großen Grundstück befindet sich auch der sogenannte Lehrfriedhof, ein Grabfeld ohne Tote. Dort üben sich die jungen Bestatter im Grabausheben. Sie müssen zum Beispiel wissen, wie und welche Verschalungen an den Seiten der Grube angebracht werden.

Und auch das Sargtragen will gelernt sein, denn es ist nicht so einfach, wie mancher Laie denkt: "Man muß einen Sarg richtig anfassen und anheben können", sagt BDB-Generalsekretär Lichtner. "Sonst wirkt das beim Tragen schnell wie das Schaukeln auf dem Kamelrücken."

Quelle: www.wams.de