Im Alter von 81 Jahren ist gestern der frühere türkische Ministerpräsident Bülent Ecevit gestorben. Der sozialdemokratische Politiker war fast 50 Jahre lang eine der bestimmenden Persönlichkeiten in der türkischen Politik.
Ecevit war mehrfach Ministerpräsident – darunter zwei Mal für längere Zeit. Er trat im November 2002 nach dem Wahlsieg von Recep Tayyip Erdogan und seiner islamisch-konservativen Partei als Regierungschef ab. Im Mai dieses Jahres erlitt er einen Hirnschlag, von dem er sich nicht mehr erholte.
Der türkische Präsident Ahmet Necdet Sezer würdigte die Lebensleistung Ecevits und hob die politische Ethik, den Intellekt und die Bemühungen des Verstorbenen zur Wahrung der säkularen Werte der Türkei hervor. «Das türkische Volk wird sich immer voller Respekt an seine Verdienste für dieses Land erinnern», erklärte Sezer.
Zypern-Besetzung veranlasst
Nach einem Putsch griechischer Zyprer liess Ecevit während seiner ersten Amtszeit 1974 den Norden der Mittelmeerinsel durch türkische Truppen besetzen. Seitdem ist Zypern geteilt.
Als sich in den Jahren danach Graue Wölfe und linke Stadtguerilla in den Strassen bekriegten, lösten sich Ecevit und sein grösster Rivale Süleyman Demirel in immer kürzerer Folge an der Spitze kurzlebiger Regierungen ab.
Im Gefängnis nach Militärputsch
Nach dem Putsch der Generäle 1980 musste Ecevit wie viele andere Politiker ins Gefängnis. Doch schon fünf Jahre später fädelte er die Gründung der Demokratischen Linkspartei (DSP) ein, die zunächst seine Frau Rahsan führte. Die kinderlosen Eheleute Ecevit teilten nicht nur ihre Passion für die Politik, sondern ebenso ihre Leidenschaft für die Dichtung. Ecevit übersetzte Werke von T.S. Eliot und Ezra Pound.
Politisch zum Zuge kam Ecevit aber erst wieder, nachdem das Militär dem Intermezzo der ersten islamistisch geführten Regierung in der Türkei ein Ende gesetzt hatte. Die Gefangennahme des PKK-Führers Abdullah Öcalans sicherte Ecevit 1999 den Wahlsieg und bescherte ihm einen letzten politischen Triumph.
Reformen für EU-Beitritt
Nachdem die Türkei den Status eines EU-Beitrittskandidaten erlangt hatte, leitete Ecevit trotz schwieriger Koalitionspartner Reformen wie die Abschaffung der Todesstrafe ein.
Viele Türken schätzten Ecevit als Politiker mit «weisser Weste». Zum Verhängnis wurde ihm die schwere Wirtschaftskrise von 2001, die das Land tief erschütterte und das Vertrauen in Ecevit schwinden liess.