Schweiz verliert bekannten Ausstellungsmacher
Die Schweizer Kulturszene hat ein bekanntes Mitglied verloren: In der Nacht auf Freitag starb Harald Szeemann an einem Lungenleiden. Szeemann war bekannter Ausstellungsmacher und erlangte durch Arbeiten an der Biennale in Venedig und an der documenta in Kassel Weltruhm.
Der Schweizer Ausstellungsmacher Harald Szeemann ist 71-jährig im Tessin gestorben. Er erlag in der Nacht auf Freitag einem Lungenleiden. Der gebürtige Berner erlangte 1972 Weltruhm, als er die legendäre 5. «documenta» in Kassel gestaltete.
Szeemanns Tod wurde am Freitagabend durch Verantwortliche der Biennale in Venedig gemeldet. 1999 und 2001 hatte Szeemann als Direktor in der Sparte «Visuelle Kunst» der Biennale Venedig geamtet. Der Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher hatte zuletzt in Tegna im Centovalli gelebt.
Grenzgänger der Künste
Szeemann kam am 11. Juni 1933 in Bern zur Welt. Bereits als Gymnasiast war er ein Grenzgänger zwischen Bildender Kunst, Musik, Philosophie und Literatur. Seine erste Ausstellung 1957 in St. Gallen hiess denn auch «Dichtende Maler, malende Dichter» und war Hugo Ball gewidmet.
Während seines Studiums in Bern und an der Sorbonne 1953-60 verdiente er sich den Unterhalt als Grafiker bei einer Werbeagentur und betätigte sich als Schauspieler, Bühnenbildner, Kunstmaler und Texter – 1956 in seinem Einmanntheater «Urfaust» sogar als alles zugleich.
Als weltweit jüngster Kurator in Bern
Als er 1961 die Leitung der Kunsthalle Bern übernahm, war er 28 und der jüngste Kurator der Welt. Von Anfang an bemühte er sich um die Erweiterung des bestehenden Kunstbegriffs und informierte über die neuesten Tendenzen in der Kunst. 1968 ermöglichte er Christo mit der Verhüllung der Berner Kunsthalle sein erstes Grossprojekt. Als im Jahr darauf seine der künstlerischen Avantgarde gewidmete Ausstellung «When Attitudes Become Form» auf ablehnende Reaktionen stiess, verabschiedete sich Szeemann von Bern.
Der Künstler gründete 1969 die «Agentur für geistige Gastarbeit» und arbeitete fortan als freier Ausstellungsmacher. Für die Kasseler «documenta 5», die bis heute als bedeutendste Ausstellung ihrer Art gilt, verpflichtete er 1972 vor allem künstlerische Einzelgänger mit «individuellen Mythologien».
Abwägiges und Skurriles
Im Jahr darauf «baute» er das imaginäre «Museum der Obsessionen», ein Ausstellungskonzept, das Grenzen überwinden und kreative Energien visualisieren sollte. In diesem Rahmen präsentierte er Abwegiges und Skurriles wie 1975 «Die Junggesellenmaschinen».
Seit 1981 ist Szeemann unabhängiger Kurator des Kunsthauses Zürich. Als solcher realisierte er unter anderem «Der Hang zum Gesamtkunstwerk» (1983), sowie Einzelausstellungen mit Werken von Cy Twombly, Eugène Delacroix, Victor Hugo, Joseph Beuys und Mario Merz.
1980 kreierte er für die Biennale von Venedig die Ausstellungsreihe «Aperto» für junge Künstler, 1989 zeigte er in den Hamburger Deichtorhallen Grossmeister der aktuellen Kunst wie Richard Serra, Georg Baselitz und Bruce Naumann.
Auch eine Arbeit für die Expo 02
Als Direktor in der Sparte «Visuelle Kunst» der Biennale von Venedig (1998-2002) erweiterte Szeemann die Ausstellungsfläche um einige Industriebrachen und schaffte Generalthema und Altersbeschränkung ab. An der Expo.02 gestaltete Szeemann in Biel den Pavillon «Geld und Wert». Szeemann hatte dafür eine Geldvernichtungsmaschine konstruiert, die während der Landesausstellung Hunderternoten schredderte.