Unter der Anteilnahme von etwa 2500 Menschen ist die russische Journalistin Anna Politkowskaja beigesetzt worden. Journalisten, Menschenrechtler, westliche Diplomaten und Moskauer legten Blumen am Sarg nieder.
Politkowskaja lag nach russischer Sitte in einem offenen Sarg aufgebahrt. Nach der Zeremonie wurde sie auf dem Friedhof Trojekurowskoe im Westen der russischen Hauptstadt bestattet. Als Vertreter der Regierung nahm der Kreml-Beauftragte für Menschenrechte, Wladimir Lukin, an der Zeremonie teil. «Sie war eine Menschenrechtlerin und Journalistin im wahrsten Sinne des Wortes, eine Heldin Russlands», sagte er.
Kollegen von der Zeitung «Nowaja Gaseta» erinnerten daran, wie oft Politkowskaja bedroht worden sei. Sie versprachen, ihre Arbeit weiterzuführen. «Heute ist ein Tag der Trauer, und dann beginnen wir wieder damit, die Zeitung zu machen», sagte der Vize-Chefredaktor. US-Botschafter William Burns rief Russland auf, den Mord aufzuklären. Nach Angaben des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) nahm kein Vertreter der Schweizer Botschaft am Begräbnis teil. Politkowskaja hatte in ihren Artikeln Menschenrechtsverletzungen der moskautreuen Führung in Tschetschenien angeprangert. Sie war am Samstag mit vier Schüssen getötet worden.
«Abscheuliche Gräueltat»
Präsident Wladimir Putin, der nach dem Tod der Regierungskritikerin lange geschwiegen hatte, verurteilte die Tat bei seinem Besuch in Deutschland als «abscheuliche Gräueltat» und inakzeptables Verbrechen. Die Täter seien Verbrecher, die verfolgt und bestraft werden müssten. Der Mord schade Russland und der geltenden Macht in Russland, sagte er nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Der Präsident war in Dresden mit «Mörder – Mörder» Rufen empfangen worden. Er hatte sich gestern erstmals öffentlich zum Tod der Journalistin geäussert.
Die Polizei sucht nach mindestens fünf Tätern, wie die Zeitung «Komsomolskaja Prawda» berichtete. Zwei Frauen und zwei Männer hätten die 48-jährige Politkowskaja bei deren letzten Einkäufen beschattet. Einer der Beschatter, der Mörder, sei ihr ins Haus gefolgt, während vor der Tür eine Frau Schmiere gestanden habe. Zwei Mittäter hätten in einem Fluchtauto gewartet. Alle seien gefilmt worden.
Beileidsbezeugungen
Bei den beiden erwachsenen Kindern Politkowskajas trafen Beileidsbekundungen ein. So schrieb Frankreichs Staatschef Jacques Chirac: «Der abscheuliche Mord an Ihrer Mutter hat mich erschüttert, wie er alle Franzosen und alle Verteidiger der Pressefreiheit erschüttert hat.» Die Unesco erklärte, ihr Tod sei «ein grosser Verlust für ihren Berufsstand, für ihr Land und für die gesamte Weltgemeinschaft».