Der ehemalige südafrikanische Präsident Pieter Willem Botha ist tot. Er starb nach Angaben seiner Sicherheitsberater am Dienstagabend in seinem Haus in dem kleinen Ort Wilderness im Alter von 90 Jahren. Botha, einer der letzten Präsidenten des südafrikanischen Apartheid-Staates, sei "friedlich eingeschlafen", hieß es weiter. Seine Ehefrau Barbara habe den Tod ihres Mannes am Abend festgestellt, berichtete die südafrikanische Nachrichtenagentur SAPA unter Berufung auf eine Freundin der Familie. Der Zeitpunkt des Todes habe die Familie überrascht. Bei routinemäßigen Untersuchungen hatten Ärzte erst kürzlich festgestellt, dass sich Botha bester Gesundheit erfreute.
Pieter Willem Botha galt vielen Kritikern der institutionalisierten Rassentrennung in Südafrika als der Inbegriff der Apartheid schlechthin. Elf Jahre hatte der kleine Mann mit Brille und Halbglatze die Politik am Kap bestimmt, hatte sich mit Ausnahmerecht, Massenverhaftungen, Pressezensur und militärischen Abenteuern in eines der dunkelsten Kapitel der südafrikanischen Geschichte eingeschrieben. Zeit seines Lebens lehnte er jedoch eine Entschuldigung für die Apartheid und die in ihrem Namen begangene Barbarei ab.
Der am 12. Januar 1916 in der zentralen Freistaat-Provinz geborene Farmersohn hatte für eine Karriere in der Nationalen Partei (NP) ein Jura-Studium abgebrochen. Als die NP 1948 die Regierungsmacht übernahm, wurde er ihr Abgeordneter und Generalsekretär in der Kap-Provinz. Ab 1966 prägte er als Verteidigungsminister die Politik Pretorias entscheidend mit. Seine Antwort auf ein weltweites Waffenembargo war der Aufbau eines mächtigen Rüstungskonzerns. Die Armee wurde unter seiner Führung Afrikas schlagkräftigste Truppe.
Im September 1978 begann Botha als Ministerpräsident zunächst, die Apartheid etwas zu lockern; er erlaubte erstmals die Bildung schwarzer Gewerkschaften oder von Kammern für indischstämmige Südafrikaner und Mischlinge. Doch dann verließ ihn der Mut. Die Schwarzen, weiterhin von der Politik ausgeschlossen, revoltierten. Im Juni 1986 rief Botha das Ausnahmerecht aus, mit dem er sich immer größere Vollmachten aneignete und die Gerichte und die Presse ausschaltete. Sein totalitäres Auftreten trug ihm weltweite Kritik und den Beinamen "Großes Krokodil" ein. Überfälle auf Nachbarstaaten bei der Guerilla-Verfolgung sorgten für neue Spannungen.
Ein leichter Schlaganfall im Januar 1989 leitete dann Bothas politisches Ende ein. Der Mann, der eine Vorliebe für lehrerhaft erhobene Zeigefinger und skurrile Hüte hatte, trat zurück und machte Frederik Willem de Klerk Platz. Im Mai 1990 trat Botha aus der NP aus, nachdem de Klerk angekündigt hatte, dass die Apartheid abgeschafft werde. Im neuen, demokratischen Südafrika weigerte Botha sich, mit der so genannten Wahrheitskommission zusammenzuarbeiten, die Menschenrechtsverletzungen aus der Zeit der Rassentrennung untersuchte. Die Kommission, die mit ihrer Arbeit zur Aussöhnung zwischen Schwarz und Weiß beitragen wollte, sah er als "Zirkus".
Im neuen, demokratischen Südafrika geriet er zunehmend in Vergessenheit. Ein TV-Interview zu seinem 90. Geburtstag – den er nach Angaben seiner Tochter in "erstaunlicher mentaler Frische" erlebte – fand bei den Sendern keine Beachtung mehr. Obwohl er nie verurteilt worden war, stand Botha zuletzt jedoch wegen mehrfacher Menschenrechtsverletzungen im Visier der Justiz.