Ich beginne zu sprechen vom Tod (1922)
I Ich beginne zu sprechen vom Tod Viele Irrglauben sind verbreitet Aber wenn man den Wunsch von der Furcht abscheidet Kommt uns die erste Ahnung von dem, was uns droht
Die Welt gewinnt, wer das vergißt: Daß der Tod ein halber Atemzug ist
2 Denn das ist kein Atemzug Den zu tun noch uns dann verbleibt Und das ist nicht das Genug Sondern es ist das Zuwenig, was uns den Angstschweiß austreibt
Weise ist, wer darin irrt Und meint, daß er sterbend fertig wird
3 Die Dinge sind, wie sie sind Ein Gaumen ist immer ein Gaumen, ein Daumen ein Daumen Aber deinem japsenden Gaumen Langt nicht ein Wirbelwind
Dein Hals ist angesägt und leck Dein Atem pfeift aus dem Spalt hinweg
4 Dieses wächserne Grubenlicht Diese steifen Finger auf deinen Leinen Die Esser um dich mit dem kalten Weinen Glaub nicht, du merkst sie nicht
Was da um dich steht und da so weint Das war der Mensch, das war dein Feind
5 Du kannst ihn nicht fressen mehr Deine Zähne sind lang wie Rechen Aber die werden die Nacht noch brechen Also bleibt dir von nun an der Magen leer
Bertold Brecht
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