Mit Kurt Furgler ist einer der prägenden Bundesräte der Nachkriegszeit verstorben. Er war am 8. Dezember 1971 in den Bundesrat gewählt worden, dem er bis Ende 1986 angehörte. 1977, 1981 und 1985 war er Bundespräsident. Er galt als Reformminister.
Der Christlichdemokrat hatte eine erfolgreiche Karriere als Jurist und Nationalrat hinter sich, als er in die Landesregierung gewählt wurde. Von 1971 bis Ende 1982 war Furgler Vorsteher des Justiz- und Polizeidepartementes. Von 1983 bis zu Rücktritt stand er dem Volkswirtschaftsdepartement vor.
Weltweit bekannt wurde er als Bundespräsident im Jahr 1985, als er in Genf die damals mächtigsten Männer der Welt, Ronald Reagan und Michail Gorbatschow, in ihren Sprachen begrüsste.
Erfolge zuerst im Handball
Kurt Furgler wurde am 24. Juni 1924 als Bürger von Valens/Pfafers SG in St. Gallen geboren. Mit 18 gründete er den Handballverein St. Otmar/St. Gallen. Als Trainer und Captain führte er seine Mannschaft zum Erfolg. Mehrmals gewannen sie den Schweizer Cup und die Meisterschaft.
Seine juristischen Studien schloss Furgler 1948 ab. Danach war er als Anwalt in St. Gallen tätig. 1950 heiratete er Ursula Stauffenegger. Aus der Ehe gingen vier Mädchen und zwei Knaben hervor. 1971 wurde Furgler zum Oberstbrigadier befördert. Er war der bisher einzige Bundesrat, der bis zum höchsten Grad der Miliz- Hierarchie in der Armee aufstieg.
Furgler gehörte der christlich-sozialen Partei an, dem als progressiv geltenden Flügel der damaligen Katholisch-Konservativen (später CVP). Ab 1954 war er im Nationalrat. Von 1963 bis 1971 war er Fraktionspräsident der CVP.
Erfolgreiche und weniger erfolgreiche Reformen
Als Ludwig von Moos demissionierte, wurde der 47-jährige Furgler am 8. Dezember 1971 in den Bundesrat gewählt. Als Justizminister nahm er zahlreiche Reformen in Angriff. Zu seinen Erfolgen gehören das Adoptions- und Kinderrecht, der Verfassungsartikel über gleiche Rechte für Frau und Mann und das Eherecht.
Die Einschränkung des Grundstückserwerbs durch Personen im Ausland wurde «Lex Furgler» genannt. 1974 setzte sich Furgler in der Abtreibungsfrage über das bundesrätliche Kollegialitätsprinzip hinweg: Er verlangte, von der Vertretung der Vorlage der Indikationslösung vor dem Parlament entbunden zu werden.
Der rhetorisch seinen Gegnern meist überlegene Furgler war aber auch von Misserfolgen nicht verschont. So scheiterte die von ihm angestrebte Bundessicherheitspolizei (Busipo) 1978 am gemeinsamen Widerstand der Linken und der rechten Föderalisten. Die Mitte der 70er Jahre gestartete Totalrevision der Bundesverfassung verlief im Sand.
Jeanmaire-Affäre
Auch in der Affäre um den Brigadier Jean-Louis Jeanmaire exponierte sich Furgler, als er 1976 vor dem Parlament sagte, Jeanmaire habe der Sowjetunion «geheimste Unterlagen und Informationen geliefert».
Die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) urteilte dazu 1991, dies habe den falschen Eindruck erwecken können, Jeanmaire habe «streng geheim» Klassifiziertes verraten. 1983 übernahm Furgler das Volkswirtschaftsdepartement. Dort versuchte er, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken.
Überraschender Rücktritt
1986 trat Furgler überraschend als Bundesrat zurück. Aktiv blieb er auf kulturellem Gebiet und in Sportorganisationen. So wurde 1987 unter seiner Federführung in St. Gallen die «Ostschweizer Stiftung für Musik und Theater» gegründet. Er gehörte zur Ethikkommission des Internationalen Olympischen Komitees und Berater der Uefa.
1992 setzte er sich vehement für den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) ein. 1998 hatte er als Mitglied des Kreises ehemaliger Staats- und Regierungschefs in Kairo frühere Kollegen wie George Bush oder Valéry Giscard D´Estaing getroffen, um über aktuelle Probleme der Weltpolitik zu sprechen.