Der österreichische Pianist und Synthesizerspieler Joe Zawinul ist tot. Er starb in der Nacht in Wien im Alter von 75 Jahren. Die österreichische Keyboard-Legende Joe Zawinul ist tot.
«Die Amerikaner sind stehen geblieben»
Das meldete die österreichische Nachrichtenagentur APA unter Berufung auf Zawinuls Sohn Erich. Joe Zawinul litt an Krebs und wurde nach seiner letzten Tournee seit Anfang August im Krankenhaus behandelt.
Der Pianist und Synthesizerspieler, der seit fast 50 Jahren in den USA lebte, galt als der bedeutendste Europäer der Jazzgeschichte. Zu seinen Mitspielern gehörten Grössen wie Miles Davis, Cannonball Adderly oder Wayne Shorter. Als Begleiter arbeitete er unter anderem mit Dinah Washington. Mit Welthits wie «Mercy, Mercy, Mercy» und «Birdland» wurde er zu einer internationalen Grösse des Jazz.
In seiner langen Karriere erhielt Zawinul zahlreiche Preise, darunter mehrere «Grammys». Vom renommierten Jazzmagazin «Down Beat» wurde er 28 Mal zum besten Keyboarder des Jahres gewählt. Im Laufe seines Lebens spielte der Österreicher mehr als 50 Langspielplatten und CDs ein.
Kostenloser Unterricht am Wiener Konservatorium
Joe Zawinul, der immer stolz auf seine tschechischen, ungarischen und Zigeunerwurzeln war, wurde am 7. Juli 1932 als Josef Zawinul in einem Wiener Arbeiterbezirk geboren. Aus einfachen Verhältnissen stammend, erhielt er als Kind wegen seiner offensichtlichen Begabung kostenlosen Unterricht am Wiener Konservatorium und bereitete sich zunächst auf eine Karriere als klassischer Pianist vor.
Doch als 17-Jähriger brach er das klassische Studium ab und konzentrierte sich auf den Jazz. In den folgenden Jahren spielte er zunächst mit österreichischen Jazzgrössen, bevor er 1959 zur Fortsetzung seines Studiums in die USA ging. Im Mutterland des Jazz wurde sein Talent schnell erkannt, und der junge Musiker spielte in den folgenden Jahren mit den damals bekanntesten Solisten der amerikanischen Jazzszene.
An vorderster Front des Jazzgeschehens
In seiner Laufbahn hat Zawinul «mit dem Selbstbewusstsein eines Boxchampions alle Hürden aus dem Weg geräumt», wie sein Biograf Gunther Baumann treffend schrieb. Mit Ausnahme des Zigeunergitarristen Django Reinhardt spielten europäische Musiker in der Geschichte des Jazz lange Zeit nur die Rolle von Imitatoren amerikanischer Vorbilder. Zawinul aber mischte bald an vorderster Front mit.
In den Sechzigerjahren war er Pianist in einem der erfolgreichsten Jazz-Ensembles jener Zeit, dem Cannonball Adderley Quintet, für das er den Welthit «Mercy, Mercy, Mercy» schrieb. In der Gruppe von Miles Davis stiess er mit dem Album «Bitches Brew» die Fusion-Musik an. 1970 gründet er mit dem Saxofonisten Wayne Shorter die legendäre Formation Weather Report, die eine Musik spielte, die das Ohr forderte, aber doch eingängig war.
Zwischen Kunst und Populärkultur
Miles Davis schrieb im Begleittext zu Zawinuls erster Soloplatte von 1971: «Um diese Musik zu schreiben, musst du in dir selbst frei sein und Joe Zawinul sein mit zwei beigen Kindern, einer schwarzen Frau, zwei Klavieren aus Wien und ein Krebs und klischeefrei.»
Die Platte «Heavy Weather» mit dem Hit «Birdland» (1977), eine der erfolgreichsten Jazz-Platten aller Zeiten, steht an der Schnittstelle von Low Culture und High Culture, zwischen Kunst und Populärkultur. In den Achtzigerjahren konzertierte Zawinul auch im Duo mit dem Pianisten Friedrich Gulda. Ab 1987 tourte er mit seiner Fusiongruppe Zawinul Syndicate, einer wechselnden Formation weltbekannter Musiker. Seit 2004 spielte er regelmässig in dem nach ihm benannten Jazzclub «Joe Zawinuls Birdland» in einem Wiener Hotel.