Lateinische Grabinschrift
Du, dessen Augen die Wohnung des Todes suchend betrachten, Hemme die Schritte und lies bis zu Ende hier diese Inschrift, Die ein liebender Vater der teuren Tochter gewidmet, Wo ihres Leibes Reste nun ruhen ewig gebettet: Als mir in strahlender Jugend noch frisch die Künste erblühten Und mich die Jahre entgegenführten den Höhen des Ruhmes, Nahte sich plötzlich verhängnisvoll die Stunde des Todes, Und nicht länger sollte ich trinken den Atem des Lebens; Kundig der Künste – den Musen gefiel es, mich selbst zu belehren – War ich noch jüngst die Zierde des Chores im Spiele der Edlen Und als erste trat ich vors Volk in griechischen Stücken; Nun aber hat mir die feindliche Parze die Asche des Leibes Mit ihrem Spruche hinabgebannt in das finstere Grabmal. Meiner Beschützerin Ruhm, das Lob, die Liebe, die Sorge Schweigen im schlafenden Leib, ein Raub des Todes, der Flammen. Meinen Vater ließ ich zurück in Trauer und Tränen; Nach ihm bin ich geboren und vor ihm dennoch gestorben: In ihr Dunkel verschließt die Wohnung des ewigen Pluto Zweimal sieben wiedergekehrte Geburtstage mit mir. – Ziehest du weiter, so sprich: Es sei leicht ihr die Erde!
Übertragung: Carl Fischer
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