Kantonales Konzept sieht Leistungsaufträge, Kompetenzzentren und eine Stärkung der Ausbildung vor
Palliative Care, die umfassende Betreuung von unheilbar kranken Menschen, müssen die Zürcher Akutspitäler ab dem 1. Januar 2007 anbieten. Entsprechende Leistungsaufträge sieht die Gesundheitsdirektion vor. Um den palliativen Ansatz zu verbreiten, werden im ganzen Kanton sieben Kompetenzzentren eingerichtet; die Ausbildung wird intensiviert.
Auch wenn Heilung nicht mehr möglich ist, kann noch viel zur Unterstützung von schwer kranken und sterbenden Menschen getan werden. Auf diesem Grundsatz beruht das Behandlungs- und Betreuungskonzept «Palliative Care». Werden die Grenzen der medizinischen Möglichkeiten akzeptiert, stehen Schmerzlinderung und die Erhaltung von grösstmöglicher Lebensqualität bis zuletzt im Vordergrund. Palliative Betreuung bezieht deshalb die psychosozialen und spirituellen Bedürfnisse der Patienten ein. In der kommunal organisierten Langzeitpflege gehört Palliative Care schon seit längerem zum Alltag. Jetzt soll dieser mittlerweile auch im Gesetz verankerte, aber unterschiedlich intensiv praktizierte Behandlungsansatz in den Zürcher Spitälern Einzug halten, wie Gesundheitsdirektorin Verena Diener am Donnerstag anlässlich der Präsentation des kantonalen Palliative-Care-Konzepts sagte. Dieses sieht vor, auf den 1. Januar 2007 allen kantonalen und subventionierten Akutspitälern Leistungsaufträge für eine angemessene palliative Versorgung zu erteilen.
Sieben Kompetenzzentren
Um die Spitäler bei der Umsetzung dieses Auftrags zu unterstützen und den palliativen Ansatz zu verbreiten, sind im Konzept sieben sogenannte Kompetenzzentren bestimmt worden. In diesen Spezialeinrichtungen sollen nicht nur unheilbar kranke und sterbende Patienten palliativ betreut werden, sondern sie sollen auch Hausärzte, Spitex-Dienste und weitere nicht stationäre Institutionen beraten und unterstützen. Ein mobiler Konsiliardienst sowie eine Hotline werden die Koordination zwischen stationären und ambulanten Angeboten erleichtern. Die Kompetenzzentren bieten zudem Aus- und Weiterbildungsangebote und bilden eine Schnittstelle zu Lehre und Forschung. Laut Verena Diener waren für die Wahl der Kompetenzzentren nicht regionale Kriterien, sondern bereits vorhandene Erfahrungen in Bezug auf Palliative Care ausschlaggebend. Die Liste der Kompetenzzentren umfasst das Universitätsspital Zürich (USZ), das Zürcher Lighthouse, der Bezirksspital Affoltern, die Klinik Susenberg, das Kantonsspital Winterthur, das Spital Limmattal und das Kinderspital Zürich. Die Aus- und Weiterbildungsangebote, die Hotline und die mobile Beratungsgruppe sollen spätestens per Mitte 2007 aufgebaut sein.
Einheitlicher Tarif angestrebt
Ins Pflichtenheft der Projektgruppe, die ab April zusammen mit einem Vertreter der Krankenkasse mit der Umsetzung des Palliativkonzeptes betraut wird, gehört auch die Berechnung des zu erwartenden Zusatzaufwandes. Da palliative Betreuung personalintensiv ist, rechnet Verena Diener bei einem entsprechenden Leistungsauftrag mit einem leicht höheren Personalbestand sowohl in den Akutspitälern als auch in den Kompetenzzentren. Langfristig könne aber palliative Betreuung kostengünstiger sein, weil nicht mehr so häufig operiert werde, hielt die Gesundheitsdirektorin fest. Noch offen ist zudem die Gestaltung des Tarifbereichs. Weil bei palliativen Problemstellungen häufige Wechsel zwischen ambulanter und stationärer Betreuung charakteristisch sind, soll mittelfristig ein einheitlicher «Mischtarif» geprüft werden, der ganze Behandlungsketten einschliesst. Die Machbarkeit eines einheitlichen Tarifs für die gleiche palliative Leistung in allen Institutionen soll also abgeklärt werden. Vorläufig kommen in Akutspitälern jedoch die Tarife jenes Bereichs zur Anwendung, in dem die Palliativbehandlung stattfindet (zum Beispiel Innere Medizin oder Onkologie). Dies soll auch für die Palliativstation am Spital Limmattal gelten, die bis jetzt dem Pflegezentrum zugeordnet war. Für die Umsetzung des Palliative-Care-Konzeptes stellt der Kanton 2,1 Millionen Franken zur Verfügung. Die Staatsbeiträge umfassen die Anschubfinanzierung zur Aus- und Weiterbildung an allen Akutspitälern oder zum Aufbau der Beratungsdienste und der Hotline.
Ein neues Gesicht für Palliative Care
Auf positives Echo stösst das kantonale Palliative-Care-Konzept bei jenen Ärzten, die sich schon länger für Palliativmedizin einsetzen. So begrüsst zum Beispiel Christian Hess, ärztlicher Leiter des Spitals Affoltern, den Leistungsauftrag. Kompetenzzentren seien auch deshalb sinnvoll, weil sie für die Öffentlichkeit ein neues Gesicht von Palliative Care schaffen würden. Die Prüfung eines Mischtarifs bezeichnet Hess als starkes, innovatives Zeichen. In Pressemitteilungen zeigten sich zudem das Zürcher Lighthouse, die CVP und die SP erfreut über das kantonale Konzept. Im Bereich der ambulanten Pflege bestehe allerdings immer noch Handlungsbedarf, schreibt die SP-Fraktion des Kantonsrates.